Leben, Kultur und Krise

Content

Unsere Gegenwart wird häufig als eine Krisenzeit charakterisiert. Manche sprechen sogar von einer „Sattelzeit“ (Reinhart Koselleck), von einer Zeitenwende also. Ob diese Sicht tatsächlich stimmt, werden wir nur aus einer späteren Retrospektive wissen. Allerdings stoßen wir in der deutschsprachigen Philosophie auf eine Tradition kulturkritischen Denkens, die in Zeiten des Umbruchs floriert und vor Ratschlägen und Interventionen nicht zurückschreckt. Sie setzt sich bis in die Gegenwart fortsetzt. „Das Unbehagen in der Kultur“ von Sigmund Freud (1929/30) bildet in diesem Zusammenhang den vermutlich wirkmächtigsten Essay der Moderne. Er initiierte eine philosophische Reflexion über die Signatur des jeweiligen Zeitalters, die mit den Namen von Martin Heidegger, Theodor W. Adorno, Hans Blumenberg, Jürgen Habermas, Peter Sloterdijk und vielen anderen verbunden ist. Bis in die Gegenwart hinein reicht das philosophische Bemühen um eine substantielle Interpretation unserer Lebensbedingungen und um eine Antwort auf die Frage, wie wir leben sollten. Angereichert wird die Debatte mit aktuellen, philosophisch sensibilisierten Soziologien, die – post-hegelianisch – das Amt einer geschichtsphilosophischen Betrachtung übernommen haben.

Dieser Minor bewegt sich zwischen den Polen der Diagnose und der Orientierung. Der Analyse folgen die Interpretation und der evaluierende Kommentar. „Philosophie ist ihre Zeit in Gedanken erfasst“ meinte Hegel. Wenn wir der Gedankenlosigkeit unserer Zeit begegnen wollen, müssen wir uns um eine Philosophie der Gegenwart bemühen. Dieser Minor möchte ein Laboratorium kritischen Denkens sein.