Krieg & Erziehung
Der Krieg
In den Drillingsberichten stehen die Erziehung und das Wohlergehen der drei Töchter von Gerda und Felix im Mittelpunkt. Von historischen Ereignissen vor und während des Zweiten Weltkriegs wird nur vereinzelt berichtet. Die Einführung der Rassengesetze gegen die Juden, der Anschluss von Österreich, der deutsche Überfall auf die Niederlande, der Krieg und die Bombardierung von Rotterdam werden mit keinem Wort erwähnt. Die Kinder und der scheinbare Alltag sind hauptsächlicher Gegenstand der Briefe. Von Angst vor dem Krieg oder vor der ungewissen Zukunft wird nur selten berichtet.
„Seit 2 Wochen leben wir ein Leben der ständigen Beunruhigung, man tut sein Tagewerk immer in der Angst vor irgend einem aufregenden Ereignis oder einer neuen Nachricht, die unser ganzes Leben umwerfen kann.“, schreibt Gerda am 20. März 1938, als Felix einige Zeit beruflich unterwegs ist. Der „Anschluss“ von Österreich an Hitler-Deutschland hat gerade stattgefunden und Gerda fürchtet, dass auch in ihrem Wohnort Karlsbad bald Gefahr drohen wird. Kurze Zeit später flieht die Familie in die Niederlande.
Am 4. Mai 1940 schreibt Felix noch einen Drillingsbericht, doch nach der deutschen Invasion am 10. Mai bleibt es einige Zeit still. Erst zwei Monate später, am 8. Juli 1940, schreibt er den nächsten Bericht: Er hat sich vorgenommen, das Schreiben über die Kinder wieder aufzunehmen. Was in der Zwischenzeit passiert ist, wird er in einer ruhigeren Phase berichten, so schreibt er.
Die Erziehung
Der Schwerpunkt der Drillingsberichte lag bereits von Beginn an auf der Erziehung der Kinder, doch nach dem Schreiben vom 8. Juli 1940 schenkt Felix ihnen noch mehr Aufmerksamkeit und beschreibt nun eher den Lernprozess der Mädchen statt ihre (körperliche und geistige) Entwicklung. Zunächst beschrieb er beispielsweise, dass sie gewachsen sind und laufen und sprechen können, doch nun berichtet er von ihrem Fortschritt beim Lernen. Felix geht ganz in seiner Rolle als Lehrer auf. Beate, Helli und Maria bekommen Unterricht zu Hause, da sie als jüdische Kinder auf Befehl der Nazis nicht mehr zur Schule gehen dürfen. Felix unterrichtet seine Kinder nicht nur im Schreiben, Lesen und Rechnen, sondern behandelt auch Fächer wie Religion, Geschichte und Erdkunde. Er erzählt Geschichten selbst, lässt sich aber auch von großen literarischen Werken inspirieren. Felix schreibt beispielsweise, dass er seinen Töchtern beim Spülen die gesamte Nibelungentrilogie entsprechend Richard Wagners Fassung nacherzählt hat. Auf diese Weise bringt er ihnen auch die Gudrunsage und die Lorelei nahe. Die Kinder sind kreativ und lassen sich von den Geschichten inspirieren, sodass sie ab 1943 auch selbst beginnen, Märchen zu schreiben.
Die Kinder lernen viel. So beginnt Beate Anfang des Jahres 1942 (sie ist zu diesem Zeitpunkt erst acht Jahre alt) mit Omi Französisch zu lernen. Und gegen Ende des Jahres 1941 spielt Felix bereits mit dem Gedanken, Beate mit der hebräischen Sprache vertraut zu machen, obwohl er dabei Schwierigkeiten erwartet. Die Mädchen beherrschen Niederländisch auch schon so gut, dass ihnen sogar bestimmte Laute aus ihrer Muttersprache Deutsch schwer fallen. Sie haben beispielsweise mit dem deutschen „sch“-Laut Probleme, mit dem Niederländer sich im Allgemeinen schwer tun.